Histaminintoleranz: Der gesunde Mittelweg

"Man muss die Histaminintoleranz ständig im Kopf haben, aber möglichst oft vergessen". Das schrieb vor kurzem ein Mitglied aus meiner Selbsthilfegruppe auf Facebook. Und wie recht er damit hat. Blendet man die Unverträglichkeit völlig aus, besteht die Gefahr, dass man etwas "Falsches" isst und sich im Anschluss schlecht fühlt. Bei vielen Betroffenen kann das gefährlich werden. Ich habe bisher das Glück gehabt, nur nach großen Mengen an Histamin richtig stark reagiert zu haben; nämlich mit einem Kreislaufzusammenbruch. Zum Glück war bei diesen Malen immer jemand in meiner Nähe...ich möchte mir nicht ausmalen, wie es sonst ausgegangen wäre. Wenn man aber Tag ein, Tag aus nur die Intoleranz im Kopf hat, ist das auch nicht gut. Bei mir war das am Anfang ganz extrem. So extrem, dass ich mein Essen, selbst wenn es Zuhause war, einmal auf den Kopf gestellt habe, um mögliche unverträgliche Sachen zu entlarven. Nichts, aber auch gar nichts habe ich bis vor kurzem an neuen Lebensmitteln ausprobiert. Ich bewegte mich in meinen verträglichen Bahnen, aus Angst, mit bei allem Neuen mit heftigen Symptomen zu reagieren. Darüber hinaus bin ich ein Kopfmensch. Das soll heißen: Wenn viele Leute aus der Facebook-Selbsthilfegruppe ein bestimmtes Lebensmittel vertragen, fällt es mir das Probieren leicht. In der Vergangenheit habe ich alle die so getesteten Sachen vertragen. Bin ich mir aber unsicher über die Verträglichkeit oder habe gemischte Meinungen gehört, habe ich oft unverträglich reagiert. Allerdings glaube ich, dass die Symptome vielmehr von der Angst kamen als von dem eigentlichen Lebensmittel.
Aber wie kann ich die ständige Erinnerung an die Intoleranz mit dem Vergessen eben jener vereinbaren? Wie kann ich ein gesundes Mittelmaß finden, das mir vor allem psychisch das Leben als histaminintoleranter Mensch erleichtert? Meinen persönlichen Weg dorthin finde ich nur durch Zeit und die Erfahrung, die ich sammele, je länger ich mit der Unverträglichkeit lebe. Am Anfang war ich mehr als ängstlich, jetzt bin ich mutiger geworden. Für Außenstehende mag kaum ein Unterschied zu erkennen sein. Für mich aber liegen Welten dazwischen. Was mir vor allem immer mehr gelingt: Ich kann an guten Tagen (ich nenne sie liebevoll die mutigen Tage) meinen Kopf ausschalten. Ein ganz großer Meilenstein für mich, denn früher - auch vor der Diagnose - konnte ich das gar nicht. An diesen Tagen komme ich mir vor wie ein todesmutiger Krieger, gehe in den Supermarkt und kaufe mir Dinge, die eventuell verträglich sein könnten. Erst vor kurzen habe ich so ein bei Alnatura gekauftes Dinkelbrötchen getestet - mit Hefe und anderen Inhaltsstoffen, die ich bis dato strikt gemieden habe. Und siehe da...ich hatte keine Probleme. Seither esse ich ab und an eben diese Brötchen, manchmal sogar fast jeden Tag (übertreiben möchte ich es aber nicht). Und eins kann ich sagen: Es ist jedes Mal ein Gedicht, sie zu essen. Genauso erging es mir mit meinem heißgeliebten Latte Macciatto. Hier war ich allerdings vor kurzem zu mutig und habe an zwei Tagen hintereinander einen getrunken. Als Ergebnis suchte mich der so gar nicht vermisste Schwindel und Abgeschlagenheit heim - trotzdem war es der Kaffee wert.
Eine goldene Regel gibt es hier wahrscheinlich nicht. Für mich persönlich (und wahrscheinlich auch für viele andere Betroffene) ist es wichtig, meine Angst vor unbekannten Lebensmitteln zu besiegen. Je länger ich mit der Histaminintoleranz lebe, desto besser gelingt mir das. Zum einen, weil ich immer mehr über die Unverträglichkeit und ihre Wirkung auf mich verstehe, zum anderen, weil ich lerne meinen Körper und vor allem meinen Kopf zu kontrollieren. Habt ihr Tipps und Tricks, um letzteren besser im Griff zu haben? Ich freue mich über eure Erfahrungen!


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